Serienaufnahmen von Satelliten zeigen Vulkan-Effekte
21. März 2024, von Stephanie Janssen
Foto: GOES-17 satellite image
Die Eruption des Unterwasservulkans Hunga Tonga 2022 war der explosivste Ausbruch seit mehr als 100 Jahren. Für die Analyse hat Dr. Ákos Horváth erstmals geostationäre Satelliten-Aufnahmen genutzt, die im Abstand von einer Minute geschossen wurden. So konnte er die entstehenden atmosphärischen Druckwellen präziser als in früheren Studien beschreiben. Das Verfahren hilft, die Wellendynamik besser zu verstehen. So lässt sich einschätzen, wie stark der Ausbruch war und wie viel Material dabei in die Atmosphäre geschleudert wurde – wichtige Informationen, um den Einfluss der Eruption auf das Klima abzuschätzen.
Warum verwenden Sie Satellitenbilder, um Vulkanausbrüche zu analysieren?
Dr. Ákos Horváth: Vulkanausbrüche können weitreichende Auswirkungen auf Wetter und Klima haben. Mein Hintergrund liegt in der satellitenbasierten Fernerkundung meteorologischer Wolken. Die letzten fünf Jahre erforschte ich Vulkane zusammen mit Kolleg:innen der Universität Hamburg und dem MPI-M. Mit bewährten neu entwickelten Werkzeugen stellen wir Beobachtungs- und Validierungsdaten für die Modellierung von deren Klimaauswirkungen zusammen. Im Laufe des Projekts hat es bereits drei große Vulkanausbrüche gegeben, die uns eine Menge wertvoller Daten lieferten: 2019 Raikoke, 2021 La Soufrière und 2022 der Hunga Tonga.
Der Ausbruch des Hunga Tonga hat spezifische atmosphärische Wellen, akustische und Gravitationswellen, ans Licht gebracht, die Sie in Ihrer aktuellen Studie beschreiben. Wirken sich diese Wellen auf die Umwelt aus? Oder nutzen Sie diese, um die Eruption besser untersuchen zu können?
Beides. Die Haupteffekt der atmosphärischen Druckwellen waren meteorologische Tsunamis, die mit den herkömmlichen seismischen Tsunamis einhergingen. Diese Meteo-Tsunamis verbreiteten sich schneller als ihre seismischen Pendants und konnten deshalb nicht von bestehenden Tsunamimodellen und -warnsystemen erfasst werden. Darüber hinaus verursachte der Ausbruch eine Rekordzahl an Blitzschlägen, die infolge der konzentrisch expandierenden Wellen Ringe bildeten. Die akustischen und die Gravitationswellen lösten auch Störungen in der oberen Atmosphäre aus, was beispielsweise GPS-Signale beeinflusste. Wenn wir diese Wellen genau erfassen, gibt uns das wertvollen Aufschluss über die zugrunde liegende Wellendynamik an sich. Damit lässt sich der Ausbruch genauer charakterisieren – wie mächtig er war und wieviel Material dabei in die in die Atmosphäre geschleudert wurde.
Sie nutzten sowohl hochfrequente Satellitenaufnahmen jede Minute wie auch Aufnahmen der gesamten Erdscheibe alle zehn Minuten. Was zeigt der Vergleich?
In den zehn Minuten zwischen zwei Aufnahmen der gesamten Erdscheibe bewegen sich die akustischen Wellen etwa 200 Kilometer weit. Deshalb können diese Bilder nur die langfristigen Veränderungen von Druck oder Temperatur erfassen, etwa über 20 Minuten oder mehr. Die Aufnahmen jede Minute können auch die kurzfristigen Fluktuationen im Signal erfassen, wenn auch für ein kleineres Areal. Wir zoomen dabei quasi ein weit entferntes Objekt nah heran. Die Aufnahmen der gesamten Erdscheibe sind in der Lage, die groben Konturen zu ‚sehen‘, während in den Minuten-Aufnahmen auch die feinen Details der Wellenform ans Licht kommen.
Was ist daran neu und warum ist es wichtig?
Dank der ‚explosiven‘ Entwicklung der Beobachtungssysteme in den letzten Jahrzehnten weltweit – der Ausbau von Satelliten, seismischen und akustischen Sensoren und automatisierten Wetterstationen – ist das Tonga-Ereignis der wohl am besten erfasste Vulkanausbruch bisher; kaum zu vergleichen mit dem Pinatubo-Ausbruch im Jahr 1991. Die aufsteigende Aschewolke erreichte eine Rekordhöhe von etwa 57 Kilometern, bei Pinatubo war sie rund 40 Kilometer hoch. Das Tonga-Ereignis war ein außergewöhnlicher Unterwasser-Ausbruch, der eine große Menge Wasserdampf in die Stratosphäre freisetzte. Dieser massive Schock für das Erdsystem und die Atmosphäre lässt sich im Ausmaß mit einer atmosphärischen Nuklearexplosion vergleichen. Diese sind glücklicherweise seit dem Verbot von Atomwaffentests von 1963 illegal. Die Tonga-Eruption war somit ein einmaliges natürliches Experiment, mit dessen Daten wir die Modelle zur Tsunami-Vorhersage und der Ausbreitung von atmosphärischen Wellen verbessern können. Gleichzeitig können wir die Auswirkungen der gigantischen Wassermassen, die in die Stratosphäre geschleudert wurden sowie deren Strahlung und deren chemische Wirkung untersuchen.
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Publikation
Horváth Á, Vadas SL, Stephan CC, Buehler SA (2024): One-minute resolution GOES-R observations of Lamb and gravity waves triggered by the Hunga Tonga-Hunga Ha’apai eruptions on 15 January 2022. Journal of Geophysical Research: Atmospheres, 129, e2023JD039329. doi.org/10.1029/2023JD039329
EOS Editors Highlight:
New Insights on Atmospheric Waves from the Hunga Volcanic Eruption
DFG-gefördertes Projekt
VolImpact
Kontakt
Dr. Ákos Horváth
Universität Hamburg
CEN – Center for Earth System Research and Sustainability
Telefon: +49 40 42838-8120
Email: akos.horvath@uni-hamburg.de