Ressourcen teilen – das Leben an Methanquellen der Urzeit
12. September 2019, von Stephanie Janssen

Foto: Steffen Kiel
Das erste Leben auf der Erde basierte auf Chemosynthese. Es nutzt dabei die Energie aus chemischen Verbindungen, um Biomasse aufzubauen. Professor Jörn Peckmann vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg und Dr. Steffen Kiel vom Schwedischen Naturkundemuseum in Stockholm untersuchten die fossilen Ablagerungen von Armfüßern, so genannten Brachiopoden, an urzeitlichen Methanquellen der Tiefsee. Erstmals können sie zeigen, wie Muscheln und Brachiopoden sich die Ressourcen an den Quellen geteilt haben.
An Methanquellen in der Tiefsee treten Methan und Schwefelwasserstoff aus. An fossilen Quellen der frühen Erdgeschichte fand man ungewöhnlich viele und große Brachiopoden, die später ausstarben. Bisher ging die Forschung davon aus, dass diese Brachiopoden im späten Erdmittelalter vor ca. 130 Millionen Jahren von Muscheln verdrängt wurden, die mit Schwefelbakterien in Symbiose leben und sich von diesen ernähren. Eine neue Studie, die Peckmann und Kiel jetzt im Fachmagazin PLOS ONE veröffentlichten, geht nun davon aus, dass sich beide Organismen die Ressourcen an den Methanquellen geteilt haben könnten. Brachiopoden waren demnach auf Methanbakterien spezialisiert, die Muscheln vorwiegend auf Schwefelbakterien.
Mittels moderner geochemischer Methoden bestimmten die Forscher nicht nur, welche Stoffe (Methan oder Schwefelwasserstoff) an den Methanquellen ausgetreten sind, sondern auch in welcher Menge. Diese Informationen verknüpften Peckmann und Kiel mit paläontologischen Daten von gefundenen Brachiopoden und Muscheln.
„Brachiopoden waren dort besonders groß und häufig, wo wenig Schwefelwasserstoff und viel Methan vorhanden war“, sagt Jörn Peckmann vom CEN. Muscheln bevorzugten dagegen Lebensbedingungen mit viel Schwefelwasserstoff, den sie für ihre symbiontischen Bakterien nutzen.
„Daraus schließen wir, dass die Brachiopoden mit ihren Fangarmen Methanbakterien aus dem Wasser gefiltert haben, und vermutlich mit der Giftigkeit des Schwefelwasserstoffs Probleme hatten“ sagt Steffen Kiel. „Das deckt sich mit den bekannten Lebensweisen heutiger Brachiopoden und Muscheln.“ Warum die an Methanquellen lebenden Brachiopoden später ausgestorben sind, ist ungeklärt.
Fossile Methanquellen sind besonders in der älteren Erdgeschichte vor mehr als 250 Millionen Jahren äußerst selten. Doch sie sind ein einzigartiges Archiv, um die Evolution des Lebens auf unserem Planeten zu untersuchen. „Wenn wir die Prozesse an den Quellen besser verstehen, bekommen wir wichtige Hinweise, um Leben auf anderen Planeten zu finden,“ sagt Geobiologe Peckmann. „Auch auf dem Mars oder dem Saturnmond Enceladus suchen wir stets nach Zeichen für Chemosynthese – dann allerdings nicht nach Tieren wie Muscheln, sondern nach viel einfacheren Lebensformen.“
Publikation
Kiel S, Peckmann J (2019): Resource partitioning among brachiopods and bivalves at ancient hydrocarbon seeps: A hypothesis; PLoS ONE 14(9): e0221887, https://doi.org/10.1371/journal.pone.0221887
Prof. Dr. Jörn Peckmann ist Geobiologie am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN).
Prof. Jörn Peckmann
Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN)
Universität Hamburg
Tel.: +49 40 42838-4996
E-Mail: joern.peckmann"AT"uni-hamburg.de