Genozid-Konferenz: Klimaforschung als neue Perspektive
19. Dezember 2014, von Franziska Neigenfind

Foto: UNHCR/P.Wiggers
Die Genozidforschung sollte die Klimawissenschaft nicht länger ignorieren. Dies ist die Ansicht von Prof. Jürgen Zimmerer, tätig am CEN und in CliSAP ...
Die Genozidforschung sollte die Klimawissenschaft nicht länger ignorieren. Dies ist die Ansicht von Prof. Jürgen Zimmerer vom Exzellenzcluster CliSAP. Der Historiker möchte eine Brücke bauen zwischen den Forschungsgebieten Völkermord und Klimawandel – auch als Mitveranstalter der vierten globalen Genozid-Tagung in Kapstadt/Südafrika.
„Genozid und Massentrauma: Lösungen zum Verstehen, Eingreifen, Vorbeugen und für Entschädigungen“ – zu diesem Thema diskutierten die Teilnehmer der Konferenz in Kapstadt vom 4. bis zum 7. Dezember. Genozid wird definiert als kollektive Gewalt, die ganze ethnische Gruppen vernichtet. Laut Zimmerer konzentrierte sich die Forschung dazu bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem auf den Holocaust. Da hinter der Vernichtung des jüdischen Volkes im zweiten Weltkrieg nach allgemeinem Verständnis vor allem eine starke Ideologie steht, gilt in der Genozidforschung bis heute: Völkermord ist ein Verbrechen, das durch rationale Ursachen nicht zu erklären ist.
Diesen klassischen Ansatz möchte Zimmerer erweitern: „Als Klimaforscher betrachte ich wie die Genozidforscher auch Vertreibungen und Gewalttaten in Krisengebieten. Dabei nehme ich jedoch rationale Ursachen von Gewalt in den Blick, wie etwa knappe Ressourcen“, erklärt er. Verschärfe die globale Erwärmung den Wettbewerb um fruchtbares Land oder sauberes Wasser, so könnten historisch gewachsene Gegnerschaften eskalieren und unter Umständen zu einem Genozid ausarten.
Positiv überrascht waren die Veranstalter vom Themenspektrum der Konferenz. Zahlreiche Nachwuchswissenschaftler aus Afrika nutzten die Gelegenheit, ihre Forschung vorzustellen. „Normalerweise finden diese Konferenzen in wohlhabenden Staaten des Globalen Nordens statt. Doktoranden und Post-Docs aus Afrika können sich die Anreise dann oft nicht leisten“, betont Zimmerer. Er freue sich, dass er und seine Kollegen in Kapstadt die Chance hatten, junge Wissenschaftler aus Staaten wie der Demokratischen Republik Kongo, Zimbabwe oder Namibia zu erleben.
Jürgen Zimmerer ist Mitglied des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität und forscht in der CliSAP Gruppe „Klimawandel, Sicherheitsrisiken und gewalttätige Konflikte“. Gleichzeitig ist er Präsident des International Network of Genocide Scholars (INoGS), der größten globalen Vereinigung von Wissenschaftlern, die sich mit Genozid beschäftigen.
Mehr Informationen:
Prof. Jürgen Zimmerer, Historisches Seminar, Universität Hamburg