Gefährdete Inselwelt auf einen Blick: Exzellenzcluster CliSAP geht mit Inseldatenbank für Klimaforscher online
2. Juni 2014, von Franziska Neigenfind
Foto: F. Panatta
Die Folgen des Klimawandels spüren insbesondere die zahlreichen Inseln der Erde...
Die Folgen des Klimawandels spüren insbesondere die zahlreichen Inseln der Erde. Das verdeutlicht eine neue Online-Datenbank von Geographen am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg (CEN). Sie steht ab sofort zur Verfügung und kombiniert geographische, wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Daten. Das ermöglicht erstmals einen umfassenden und vergleichenden Blick auf Inseln und ihre spezifischen Klima-Risiken. Die Datenbank entstand am Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP). Sie ist Teil der Forschung zum regional unterschiedlichen Meeresspiegelanstieg und seinen Auswirkungen auf Küsten- und Inselgesellschaften.
„Auf kleinen Inseln lassen sich die Folgen der globalen Erwärmung wie durch ein Brennglas beobachten“, sagt Initiatorin Prof. Beate Ratter. „Der Einfluss auf ökonomisch häufig sensible Insel-Gesellschaften ist direkter als bei entwickelten Flächenländern wie Deutschland, Kanada oder Russland.“ Inseln sind daher ein Schwerpunkt der interdisziplinären Klimaforschung. Der Hurricane Katrina beispielsweise zerstörte mit seiner Wucht 2005 weniger als zwei Prozent des US-amerikanischen Bruttosozialprodukts. Die Insel Grenada dagegen kostete der Tropensturm Ivan ein Jahr zuvor über 200 Prozent ihres Bruttosozialprodukts.
Ein weiteres Beispiel: Versauert der Südwestpazifik durch zu viel gelöstes CO2, sterben die Korallenbänke vor flachen Inseln wie Tuvalu oder Kiribati. Sie verlieren unter anderem ihre Schutzfunktion als Wellenbrecher. Vor dem Hintergrund zunehmender Extremwetterereignisse wie schwerer Stürme, Sturmfluten oder Überschwemmungen ist dies eine große Gefahr. Steigt außerdem der Meeresspiegel, könnten die Einwohner der im Durchschnitt weniger als zwei Meter über dem Meeresspiegel liegenden Insel Tuvalu zu Klimaflüchtlingen werden.
Klima- und Inselforscher können in der Datenbank unkompliziert und passgenau Inseln für ihre Fallstudien recherchieren. „Die kombinierte Suche nach knapp zwanzig Kriterien liefert in Sekundenschnelle eine Fülle an natur- und sozialwissenschaftlichen Informationen. Bislang mussten Wissenschaftler dafür aufwändige Recherchen betreiben“, sagt Beate Ratter. Enthalten sind physisch-geographische Kennzahlen zu Fläche, Inseltyp, Entfernung zum Festland (Isolationsindex) und höchster Erhebung. Mindestens ebenso wichtig sind gesellschaftsbezogene Informationen wie Einwohnerzahl und -dichte, politischer Status, Bruttosozialprodukt oder Wirtschaftssektoren. Hinzu kommen der Index für den Meeresspiegelanstieg und der sogenannte Klimarisikoindex, der die Verletzlichkeit eines Landes durch Naturkatastrophen abbildet. Letzteren berechnet die Umweltschutzorganisation Germanwatch und berücksichtigt dabei die Zahl der Todesopfer und die Versicherungskosten infolge von extremen Wetterereignissen. Die übrigen Daten stammen von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen (UN), der Weltbank, der CIA, der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA) und aus einzelnen Fallstudien.
Rund 80 Inseln und Inselstaaten sind bis jetzt in der Datenbank vertreten, darunter alle 57 sogenannten Small Island Developing States (SIDS). Diese Staaten-Gruppe innerhalb der Vereinten Nationen macht immer wieder auf ihre Situation aufmerksam. Die meisten dieser ökonomisch schwachen Mini-Staaten liegen im pazifischen Ozeanien oder in der Karibik. Rund 67 Millionen Menschen leben den Datenbank-Informationen zufolge in den SIDS-Staaten.
Links:
Integrated Island Database (IIDAB)
UN Conference on Small Island Developing States (SIDS)
Kontakt:
Prof. Dr. Beate M. W. Ratter
Institut für Geographie
Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg
Tel.: 040 42838-5225
E-Mail: ratter@geowiss.uni-hamburg.de