Extremwetterkongress 2025Appell an deutsche Politik: 3-Grad-Grenze könnte 2050 erreicht werden
25. September 2025, von Extremwetterkongress

Foto: UHH/CEN/T. Wasilewski
Klimaforschende sehen höheres Risiko extremer Wetterereignisse für Deutschland, Klimaanpassung müsse schnell verstärkt werden.
Zum Abschluss des ExtremWetterKongresses stellen die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) und die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) einen Klimaaufruf vor. „Die Beobachtungslage zeigt, dass sich die Klimaentwicklung erheblich beschleunigt hat – sowohl in der Atmosphäre wie auch den Ozeanen.“ DPG und DMG weisen deshalb darauf hin, dass eine globale Erwärmung um drei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau bereits um 2050 nicht ausgeschlossen werden kann.
Nachhaltige Anpassung in Deutschland noch am Anfang
Folglich könnte die zusätzliche Erwärmung in den nächsten 25 Jahren möglicherweise genauso stark ausfallen wie in den vergangenen 150 Jahren. Vor diesem Hintergrund mahnen die Fachgesellschaften erhebliche Versäumnisse beim Klimaschutz und gleichzeitig ein deutlich höheres Maß an Maßnahmen an. Trotz der sich beschleunigenden globalen Erwärmung haben die globale Gemeinschaft und auch Deutschland bislang nur unzureichend auf die damit verbundenen Gefahren reagiert, und der Bedrohungslage in Folge der Erhitzung werden bisher zu wenig präventive Maßnahmen entgegengesetzt. Prof. Anita Engels vom Exzellenzcluster CLICCS an der Universität Hamburg nahm an der Pressekonferenz teil und verweist auf die Herausforderungen nachhaltiger Anpassungsmaßnahmen.
DPG und DMG fordern die Politik dazu auf, unverzüglich ein sehr viel wirksameres Programm zur Eindämmung von menschengemachten Klimaänderungen voranzutreiben und die hierfür notwendigen Maßnahmen nicht weiter in die Zukunft zu verschieben. Aus Sicht der Gesellschaften ist es dringend notwendig, Klimaschutz und Klimaanpassung gleichzeitig zu betreiben, da ein Teil der weiteren globalen Erwärmung auch bei intensivsten Schutzmaßnahmen nicht mehr zu verhindern ist und andererseits die Möglichkeiten der Anpassung begrenzt sind. Die Forschenden weisen darauf hin, dass es, physikalisch betrachtet, kein „Restbudget“ an Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr gibt.
3-Grad-Welt mit mehr Extremwetter
Eine „3-Grad-Welt“ würde für Deutschland eine erhebliche Zunahme an Extremwetterereignissen wie Hitze, Starkregen und Dürre bedeuten. Heiße Sommertage können gegenüber der vorindustriellen Zeit um zehn Grad wärmer ausfallen und zu einer stärkeren Gesundheitsbelastung werden. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) zeigt in einem neuen Faktenpapier zu Extremwetter in Deutschland, wie sich der Klimawandel in Deutschland in den letzten Jahrzehnten verstärkt hat. Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst sagt: „Die beschleunigte Erwärmung in Deutschland als Folge des Klimawandels ist keine abstrakte Zukunftsprognose, sondern seit Jahren gemessene Realität. Die zehn wärmsten Jahre seit 1881 traten alle seit dem Jahr 2000 auf. Mit der im April 2025 vom Deutschen Wetterdienst eingeführten neuen Klimatrendlinie bilden wir diese Entwicklung realistisch ab. Das ist eine wichtige Grundlage für klimabewusste politische und gesellschaftliche Entscheidungen.“
Klimaschutz ist ökonomischer Gewinn
Prof. Dr. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), macht deutlich: „Ohne wirksamen Klimaschutz drohen massive Wohlstandsverluste: Küstenregionen und Städte wären zunehmend von Hochwasser bedroht, Ernten würden deutlich häufiger ausfallen, und Hitzewellen würden die Gesundheit der Bevölkerung massiv beeinträchtigen. In Deutschland könnten die Klimaschäden bis 2050 auf bis zu 900 Milliarden Euro steigen, weltweit sind bis Mitte der 2040er Jahre Einkommenseinbußen von rund 20 Prozent projiziert. Gleichzeitig erfordert die Klimaanpassung jährlich Milliardeninvestitionen. Klimaschutz dagegen ist ein ökonomischer Gewinn: Jeder investierte Euro bringt 1,8 bis 4,8 Euro zurück, vor allem, weil enorme Schäden verhindert werden.“

UHH
Nachhaltige Anpassung ist kein Selbstläufer
Klimaschutz erfordert eine Trendwende in Politik, Wirtschaft und der Gesellschaft. Nach aktuellen Erkenntnissen des Hamburg Climate Futures Outlook 2024, der von über 70 Wissenschaftler:innen am Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS der Universität Hamburg verfasst wurde, sind die Voraussetzungen dafür nicht gegeben, dass Schlüsselprozesse in diesen Bereichen den Klimaschutz ausreichend unterstützen – weder global betrachtet noch in Deutschland. Daher weist auch die sozialwissenschaftliche Forschung auf die Dringlichkeit hin, dass diese Prozesse bald eingeleitet werden müssen. Es besteht bereits jetzt erheblicher Anpassungsbedarf. Die Forschung zeigt aber leider auch, dass kein direkter Weg von der Notwendigkeit der Anpassung hin zur tatsächlichen Umsetzung führt.
Sowohl die physikalischen als auch die gesellschaftlichen Kontextbedingungen sind jeweils lokal spezifisch, so dass nicht ein für alle passender Anpassungsplan hilft. Die Untersuchungen zeigen viele Probleme bei der Anpassung: Pläne sind oft nicht mit betroffenen Menschen abgestimmt, vorhandene Pläne sind technokratisch und werden nicht umgesetzt, und häufig handelt es sich nur um kurzfristiges Reagieren statt um eine langfristig ausgerichtete nachhaltige Anpassungsstrategie. Prof. Anita Engels ist federführende Autorin des Hamburg Climate Futures Outlook und forscht im Exzellenzcluster „Climate, Climatic Change, and Society“, kurz CLICCS. Engels sagt: „Bei der nachhaltigen Anpassung sind wir in Deutschland noch am Anfang. Vorhandene Flächen und Finanzierungsmöglichkeiten müssen jetzt klug kombiniert werden, damit Klimaschutz und Klimawandelanpassung gleichzeitig vorangetrieben werden können.“
****************************
Im Rahmen des Kongresses findet in diesem Jahr auch die internationale SYSTEMIC RISK CONFERENCE (SRC) der Universiät Hamburg statt: Webseite Systemic Risc Conference