tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:/press/dossiers/stadtklimaStadt, Stadtklima und Klimawandel2024-03-28T00:00:00+01:00tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/327802982023-01-03T13:31:24+01:00Anpassung an den Klimawandel: Städte müssen sich grundlegend verändern<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/32781014/2022-11-18-abendblatt-hanf-69f617c610a5776b431a76de01321e98086ffc6d.jpg" /><p xml="lang"><strong>Bei Starkregen, wenn in sehr kurzer Zeit eine bestimmte Regenmenge überschritten wird, können in Städten lokale Überschwemmungen drohen. Dies hängt aber nicht nur von der Menge ab, sondern auch davon, wie aufnahmefähig der Boden ist: Ist dieser versiegelt? Gibt es Pflanzen, die den Abfluss an der Oberfläche verzögern? Gibt es Höhenunterschiede und wenn ja, wo läuft das Wasser zusammen? Außerdem spielt das Fassungsvermögen der Kanalisation eine Rolle.</strong></p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/32780411/2022-11-18-abendblatt-hanf-franziska-180x240-6feda5c641c550f0303ac9d1bb9d57891c7dc54f.JPG" alt="" width="130" height="192" /><figcaption class="links">Dr. Franziska S. Hanf </figcaption></figure>
<p xml="lang">Ob aus einem Starkregenereignis ein Notfall oder gar eine Katastrophe wird, hängt aber auch von gesellschaftlichen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, wie gut Bürgerinnen und Bürger über Risiken informiert sind und ihre Grundstücke dementsprechend umgestalten. Durch gezieltes Regenwassermanagement lässt sich ein zu schneller Abfluss an der Oberfläche verhindern. Damit Rückhalteflächen geschaffen und Böden entsiegelt werden können, müssen politische Entscheidungen fallen – auch solche, die auf eine generelle Neugestaltung des öffentlichen Raums zielen. Zum Beispiel indem wir uns mit dem Wasser arrangieren und diesem generell mehr Raum in der Stadt geben.</p>
<p xml="lang">Im Exzellenzcluster für Klimaforschung „Climate, Climatic Change, and Society“ (CLICCS) der Universität Hamburg untersuchen wir Klimarisiken nicht nur aus Sicht der Meteorologie, sondern aus ganzheitlicher Perspektive, zum Beispiel für Hamburg. Gemeinsam mit den Beteiligten prüfen wir, wie nachhaltig Anpassungsmaßnahmen sind, aber auch wie aufwändig und wie akzeptabel. Wie wahrscheinlich ist es, dass die jeweiligen Maßnahmen umgesetzt werden? Wie hoch ist die Bereitschaft, kann und will die Stadt sich diese leisten?</p>
<p xml="lang">Das ist knifflig. Denn anders als in der Physik lässt sich gesellschaftliches Handeln nicht exakt berechnen und in ein Computermodell integrieren. So haben Starkniederschläge in der Metropolregion überproportional zugenommen. Das führt aber nicht automatisch dazu, dass mehr Flächen entsiegelt oder Speicherbecken eingerichtet werden, die die Wassermassen auffangen können. Solche Entscheidungen hängen eher davon ab, ob die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, wie viel Zeit ein Umbau benötigt und wie hoch der Druck auf die Politik ist. Der entsteht zum Beispiel, wenn Schäden sich häufen und immer teurer ausfallen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse hinzukommen oder mehr und besser aufgeklärt wird.</p>
<p xml="lang">Mit meinen Kolleginnen und Kollegen erarbeite ich deshalb gerade ein so genanntes konzeptionelles Modell der Stadt. Damit lassen sich Ursachen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Komponenten bildlich darstellen und mögliche Rückkopplungen erkennen. Denn tatsächlich geht es weniger um einzelne Phänomene als vielmehr darum, wie das System als Ganzes zusammenwirkt – ob und inwieweit sich Prozesse gegenseitig verstärken, vermindern oder aufheben. Solche speziellen Analysen lassen sich nur im Team bewerkstelligen. Jede und jeder von uns ist dabei Profi auf einem bestimmten Gebiet: Hydrologie, Bodenkunde, Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften, Rechtswissenschaften, Stadtplanung, Ökonomie, Meteorologie. Unser gemeinsames Ziel: Herausfinden, welches die entscheidenden Hebel sind, um eine nachhaltige Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen.</p>
<p xml="lang">Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass es notwendig ist, sich auf effektive Hebelpunkte zu konzentrieren, die vielleicht weniger offensichtlich sind, dafür aber auf systemweite Veränderungen abzielen. Es hat sich herausgestellt, dass die Komplexität der Klimaanpassung nur durch eine Beteiligung aller Akteure – Wasserwirtschaft, Stadtplanung, Politik und Bürger:innen – erfolgreich angegangen werden kann. Der sogenannte Ansatz der wasser-sensiblen Stadtentwicklung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.</p><p>Foto: Unsplash/ Atilla Bingöl</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/320635212022-10-27T09:49:49+02:00Testfeld für die Straßenbäume<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/32069784/pflanzen-der-jungbaeume-733x414-e5ef427b402fb958fa0b4e27f4b5349c40d492f7.jpg" /><figure style="width: 100px;" class="links"></figure>
<p><strong>Bäume tragen in Hamburg durch Schatten und Kühlung entscheidend zur Lebensqualität bei. Doch unsere Straßenbäume kämpfen mit den Bedingungen am Straßenrand – und mit dem Klimawandel. Vor allem die jung gepflanzten haben Stress. Sie wachsen langsam und bilden häufig keine großen Kronen mehr aus. Wie wird die nächste Generation fit für den Klimawandel?</strong></p>
<p>Um herauszufinden, welche Bäume am besten mit Trockenheit zurechtkommen, habe ich im Team am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg ein Experiment entwickelt. Drei Jahre lang erforschten wir in der Baumschule Lorenz von Ehren neun verschiedene Baumarten, insgesamt 135 junge Bäume. Dabei spielte das Substrat, also der Boden, in den junge Bäume gepflanzt werden, eine zentrale Rolle.</p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/32070499/alexander-schuett-bild-lorenz-von-ehren-180x240-7c7b52d9c44ec23685ec6592671bd7779fee5768.jpg" alt="" /><br /><figcaption class="links">Experte für Bäume im Klimawandel: Alexander Schütt. Bild: L. von Ehren</figcaption></figure>
<p>An vielen Straßenrändern findet sich Sandboden, oft durch Bauarbeiten eingetragen. Sand ist relativ grobkörnig und kann wenig Wasser speichern, gewährleistet aber andererseits einen guten Luftaustausch. Feinkörniger Boden ist dagegen weich wie Mehl und speichert im Vergleich mehr Wasser. Er ist aber anfälliger für Verdichtung, zum Beispiel durch Gewicht von oben, etwa durch Autos oder Baustellen.</p>
<p>Für unser Experiment wollten wir die Bedingungen an den Straßenrändern nachempfinden. In der Baumschule wurden deshalb Pflanzgruben ausgehoben, die wir mit zwei unterschiedlich zusammengesetzten Böden füllten: Ein oft am Straßenrand vorgefundener Boden, der 95 Prozent Sand enthält sowie ein anderes, häufig verwendetes Substrat mit 93 Prozent Sand und etwas mehr Humus. Dieses kann Wasser ein wenig besser speichern.</p>
<p>Als Vergleich bekam das letzte Drittel der Bäume den fruchtbaren Boden der Baumschule in seine Pflanzgruben. Dieser Boden bietet mit noch mehr Humus und einer feinkörnigen Struktur ideale Bedingungen und kann bis zu viermal mehr Bodenwasser speichern als die Sandböden. Zusätzlich haben wir 300 Sensoren in die Gruben eingegraben. So konnten wir über drei Jahre den Wasserverbrauch verfolgen, während sich die Wurzeln entwickelten.</p>
<p>Die Ergebnisse zeigen: Beide Sand-Substrate sind für trockene Zeiten nicht geeignet. Alle Bäume überlebten zwar, zeigten aber durchweg ein schwaches Wachstum. Wir haben im Wurzelraum eine Wasserverfügbarkeit von nur sechs bis zehn Prozent gemessen, im Vergleich zu 23 Prozent bei idealem Boden.</p>
<p>Wir stellten fest, dass die Bäume nicht einmal das wenige zur Verfügung stehende Wasser voll ausschöpfen konnten. Wenn Sandboden austrocknet, führt seine gröbere Struktur dazu, dass die Kapillarströme des Wassers in den Zwischenräumen leichter abreißen. Dadurch wird der Wasserfluss zu den Baumwurzeln unterbrochen. Im feinkörnigen Boden ist dies nicht so schnell der Fall.</p>
<p>Deshalb kamen Bäume wie die Stadtlinde oder der Amberbaum, deren Wurzeln dem Wasser quasi hinterherwachsen, in Sandböden etwas besser mit der Trockenheit klar. Bäume, die dagegen den Unterdruck stark erhöhen können, um auch bei Trockenheit noch Wasser aufzunehmen, haben die weniger erfolgreiche Strategie – wie zum Beispiel Blasenesche oder Zerreiche.</p>
<p>Fazit: Kein Baum kann gesund wachsen, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Die Böden am Straßenrand sind oft von schlechter Qualität. Junge Bäume brauchen daher unbedingt ausreichend große Pflanzgruben mit verbesserten Substraten, die mehr Wasser speichern. Die empfohlene Größe für Pflanzgruben ist zwölf Kubikmeter, aber: Je größer, desto besser.</p><p>Foto: UHH/CEN/A. Schütt</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/304641292022-08-12T14:52:48+02:00Lebenswert und klimaangepasst: Stadtgrün für alle<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/30464253/themenfoto-stadtgruen-dovbishchuk-733x414-e02f5e179c125eaeef8d6d7b5df7218e2bb48781.jpg" /><p>In Deutschland leben rund 77 Prozent der Bevölkerung in Städten. Hier wird gebaut, geheizt und Abfall produziert. Städte sind zudem besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen – vor allem durch Hitze, extreme Niederschläge und Überschwemmungen. Obwohl zahlreiche Menschen in die Ballungsräume ziehen, entscheiden sich umgekehrt auch viele für einen Umzug ins Grüne. So dehnen die Siedlungen sich aus. Naturräume, Äcker und Wiesen müssen weichen. Wie könnten Städte also dichter besiedelt und gleichzeitig lebenswert und klimaangepasst werden?</p>
<p>Doch was macht einen Wohnort überhaupt lebenswert? Ist fehlende Natur der ausschlaggebende Grund für einen Umzug? Diesen Fragen bin ich zusammen mit meiner Kollegin Stefanie Kley nachgegangen. Im Rahmen unserer Forschung am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg haben wir in Hamburg und Köln eine Umfrage durchgeführt. Mehr als 1800 Personen im Alter zwischen 18 und 96 Jahren standen uns Rede und Antwort. </p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/30464235/portrait-tetiana-dovbishchuk-uhh-mentz-180x240-356020e056db9281ac24dc8578cfb63178f4c45f.jpg" alt="" /><figcaption class="links">Tetiana Dovbishchuk ist Soziologin und forscht zu nachhaltigen Lebensstilen</figcaption></figure>
<p>In den Interviews ermittelten wir, wieviel Natur die Befragten in der direkten Umgebung ihrer Wohnung haben. Kann durch das Fenster ins Grüne geblickt werden? Gibt es einen Balkon, eine Terrasse, einen Innenhof oder Garten? Sind Parks oder andere Grünflächen in der Nähe? Weiter erkundigten wir uns, ob für die nächsten zwölf Monate konkrete Umzugspläne bestehen. Außerdem fragten wir besondere Ereignisse ab – zum Beispiel die Geburt von Kindern, das Zusammenziehen von Lebenspaaren oder den Kauf von Wohneigentum. Besonders wenn solche Ereignisse zusammenfallen, ist es für viele reizvoll ins Grüne zu ziehen. Abschließend wollten wir wissen, wie zufrieden die Menschen allgemein mit ihrem Leben sind. Ob sie sich gesund, mit ihrer Nachbarschaft verbunden und finanziell abgesichert fühlen.</p>
<p>Mit statistischen Analysen werteten wir die Antworten aus. So bekamen wir ein Bild, welchen Anteil ein grünes Wohnumfeld an der Lebenszufriedenheit hat. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Natur für alle Altersgruppen wichtig ist. Wohnraum ohne Balkon oder Garten vermindert die Lebenszufriedenheit direkt. Haben die Menschen kein Grün vor den Fenstern, denken sie häufiger darüber nach, umzuziehen. Unsere Analyse zeigt, dass knapp 23 Prozent der Befragten überlegen, den Wohnstandort zu wechseln. Darunter sind Familien mit Kindern und ohne Garten überproportional vertreten.</p>
<p>Grün in der Stadt hat also einen enormen Stellenwert. Für uns ist der Wunsch nach Grünflächen eng mit der Klimaanpassung verbunden. Denn eine natürliche, grüne Umgebung puffert Hitze ab, indem sie die Luft durch Beschattung und Feuchtigkeit kühlt. Nicht versiegelte Flächen nehmen Niederschläge wie ein Schwamm auf und mildern so Überschwemmungen. Zudem sind Grünflächen oft Orte der Ruhe. Bäume dienen als natürlicher Lärmschutz.</p>
<p>Viele Städterinnen und Städter wollen eine weitere Bebauung zulasten von Grün und Natur an ihrem Wohnort nicht länger in Kauf nehmen. Die Nachfrage nach Wohnungen am Rande der Städte und auf dem Land wird sehr wahrscheinlich weiter steigen. Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass ein direkterer Zugang zu Natur die Menschen in den Städten halten könnte. Grüne Freiräume sollten beim Bau von Wohnungen und der Pflege bestehender Quartiere also gleichberechtigt mitgeplant werden. Nur so entstehen lebenswerte und klimaangepasste Städte.</p><p>Foto: UHH/ Dovbishchuk</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/185460642020-05-19T17:02:12+02:00Baumtest startet: Wer ist fit für den Klimawandel?<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/18546692/2019-06-17-bobast-0bf2d5344a587cc2170f65b690899205c25ab234.jpg" /><p><em>Zwei Eiben in Harburg und Altona sind mit über 800 Jahren die ältesten Bäume in Hamburg. Sie brauchten etwas Glück, aber vor allem auch gute Bedingungen, um so alt zu werden. Nach Angaben der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) werden jedes Jahr rund 2000 neue Bäume in der Stadt gepflanzt. Die nächsten sollten gut auf den Klimawandel vorbereitet sein.</em></p>
<p>Auf einer Testfläche der Hamburger Baumschule Lorenz von Ehren werden zurzeit Eiche, Linde, Blasenesche, Hainbuche und fünf weitere Arten unter strenger wissenschaftlicher Aufsicht angepflanzt. Insgesamt 135 Bäume werden hier in den nächsten drei Jahren oberirdisch und unterirdisch genauestens beobachtet. Annette Eschenbach vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg testet mit ihrem Team, welche Arten im Stadtklima der Zukunft am besten zurechtkommen werden.</p>
<p>Die Pflanzgruben mit einer Fläche von mehr als sechs Quadratmetern werden über einen Meter tief ausgehoben. In 36 der Gruben werden unter der Erde Messinstrumente versenkt, die Daten für die Forscherinnen und Forscher erheben. Wie feucht ist der Boden? Wie hoch der CO2-Gehalt? So ermitteln sie, welcher der Baum unter welchen Bedingungen am besten mit höheren Temperaturen und langen Trockenphasen im Sommer umgehen kann.</p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/18546683/2019-06-17-bobast-2-9fe193d4d97877ec7922481e362dd954d64eccda.jpg" alt="" width="264" height="149" /><figcaption>Stadtbäume warten auf ihren Einsatz für die Forschung. Bild: UHH/CEN/A.Schütt</figcaption></figure>
<p>Das Substrat, also der Boden, in dem die Wurzeln wachsen, spielt dabei eine große Rolle. Deshalb werden die Gruben mit drei verschiedenen Bodensubstratmischungen befüllt. Einmal Sandlöß, ein reichhaltiger natürlicher Boden. Dann das für Neuanpflanzungen in Hamburg übliche Pflanzsubstrat, das mit Steinen aus Lavaschlacken versetzt ist</p>
<p>„Das letzte Drittel der Bäume bekommt nur Sand als Substrat, den wir zusätzlich mit Nährstoffen versehen,“ sagt Alexander Schütt, der als Doktorand im Projekt arbeitet. „Sand kann das notwendige Wasser schlechter halten. Wir erzeugen also künstlich trockenere Bedingungen und simulieren damit den zu erwartenden Klimawandel.“ Ist ein Baum im Sand erfolgreich, hätte er also Potenzial, auch mit weniger Feuchtigkeit gut zurecht zu kommen.</p>
<p>Projektleiterin Annette Eschenbach sagt, dass Stadtbäume schon heute kürzer leben. Zunehmender Stress durch versiegelte Flächen, wenig Platz für die Wurzeln, Trockenheit, mehr Hitze, schlechte Substrate und Abgase machten den Pflanzen das Leben schwer. „Pflanze ich heute einen Baum an Hamburgs Straßen, wird er schon in 40 bis 50 Jahren wieder eingehen“, schätzt Eschenbach. Das ist nicht nur tragisch für das Stadtbild, sondern auch für die vielen Funktionen die das Stadtgrün in Hamburg bislang erfüllt: Schattenspenden, durch Verdunstung die Umgebung kühlen, Sauerstoff produzieren und CO2 binden.</p><p>Foto: UHH/CEN/A.Schütt</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/177049142020-05-19T16:41:29+02:00Mit Wotans Hilfe schauen, wie der Wind weht<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/17704892/schaefer-windkanal-733x414-3db042054d1dc13c2e47b35b4c89b917842ced3d.jpg" /><p>Sägen, kleben, Daten jagen: Bis mir Hamburg im Kleinformat zu Füßen lag, hat es Monate gedauert. Erst musste ich herausfinden, wie jedes einzelne Gebäude zwischen Elbphilharmonie und Großmarkt aussieht. Wie hoch ist es, welche Form hat das Dach, sind Durchgänge oder Überstände vorhanden? Ich habe Grundrisse von der Stadt angefordert oder selbst vor Ort nachgeschaut. Anhand der zusammengetragenen Informationen habe ich Zeichnungen angefertigt, diese zu einer der feinmechanischen Werkstätten an der Universität Hamburg geschickt und im Anschluss hunderte Modelgebäude auf Holzplatten geklebt. Im Maßstab 1:500 ragten dreistöckige Häuser gerade mal 2,1 Zentimeter empor, die Elbphilharmonie 22 Zentimeter. Dann endlich kam der Moment, in dem ich „Wotan“ anschalten konnte.</p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/17704903/schaefer-kerstin-733x414-30d474bc3c73b13b09142e8a5850d9aa6407fb72.jpg" alt="" width="255" height="144" /><figcaption>Kerstin Schäfer ist Doktorandin am Meteorologischen Institut der Universität Hamburg. Foto: UHH/CEN/C.Krätzig</figcaption></figure>
<p>Nun konnte ich im Grenzschicht-Windkanal beobachten, wie Luftströme durch Häuserschluchten und Hinterhöfe ziehen, wie sich Schadstoffe ausbreiten oder einzelne Gebäude den Wind ausbremsen: Wichtige Informationen für Planer, die Städte fit für die Zukunft machen wollen. Denn der sich abzeichnende Klimawandel wird Metropolen besonders hart treffen; beispielsweise, wenn sie sich während häufigeren Hitzeperioden mit höheren Temperaturen in Backöfen verwandeln, die nachts kaum noch abkühlen. Damit Stadtbewohner trotzdem durchatmen und gesund bleiben können, beteilige ich mich zusammen mit Kolleginnen und Kollegen vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an einem bundesweiten Forschungsprojekt zum Stadtklima. Immerhin leben weltweit – und auch in Deutschland – die Hälfte aller Menschen in Städten.</p>
<p>Ziel des Forschungsprojektes ist die Entwicklung einer Software, die berechnet, wie der Wind durch eine Stadt weht und diese kühlt – und das, bevor die Stadt, der Stadtteil oder ein einzelnes Gebäude gebaut worden sind. Damit die Software möglichst genau wird, gleichen deren Entwicklerinnen und Entwickler die Rechenergebnisse mit Messdaten ab. Messdaten aus der Natur bilden die Realität ab, sind aber auch verwirrend, weil unendlich viele Faktoren eine Rolle spielen: drehende Windrichtungen; Luftströmungen aufgrund der Erwärmung im Tagesverlauf; Fahrzeuge, die Luft in Bewegung setzen. Im Windkanal kann ich hingegen Daten erheben, die ausschließlich den Einfluss von Wind wiederspiegeln. </p>
<p>Neben der Hansestadt Hamburg habe ich weitere Ballungszentren als „Referenzstädte“ nachgebaut. Ihre Luftzirkulation unterscheidet sich erheblich. Während der Wind in Hamburg über die weiten, offenen Wasserflächen ins Stadtzentrum fegen kann, staut sich die Luft in Stuttgart häufig zwischen den umliegenden Anhöhen. Und in Berlin erschwert die schiere Streckenlänge jedem Lüftchen den Weg von den Vororten ins Zentrum.</p>
<p>Beim Nachbau der Städte musste ich vieles beachten. So durften die Oberflächen der Gebäude nicht zu rau und nicht zu glatt zu sein, um die Messungen nicht zu verfälschen. Als ideales Material erwies sich Styrodur: ein Dämmstoff, feinporiger und stabiler als Styropor. Die Luft saugen wir durch den Windkanal ab, statt sie hinein zu blasen, und lassen den Luftstrom erst auf Hindernisse prallen, bevor er die Stadtzentren trifft. So wird er realitätsnah verwirbelt.</p>
<p>Keine der drei Städte ist im Hinblick auf die Belüftung der Zentren ideal geplant. Wie sollten sie auch: Sie sind historisch gewachsen, und ihre Anfänge reichen in eine Zeit zurück, als noch niemand ahnte, dass die Temperaturen einmal so stark steigen würden. Wie warm es noch werden wird, können wir noch nicht genau abschätzen. Aber dass wir uns vorbereiten müssen, ist sicher; beispielsweise, indem wir Städte so planen, dass sie ausreichend belüftet sind.</p>
<p><em><strong><a href="https://www.mi.uni-hamburg.de/arbeitsgruppen/windkanallabor/personen/schaefer-kerstin.html" target="_blank">Kerstin Schäfer </a></strong>ist Doktorandin am Meteorologischen Institut der Universität Hamburg und Mitglied des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN). </em></p>
<p>Dieser Artikel ist zuerst als Gastbeitrag im Rahmen einer monatlichen Serie zur Klimaforschung im Hamburger Abendblatt erschienen. <a href="https://www.cen.uni-hamburg.de/press/abendblatt.html" target="_blank">Hier finden Sie weitere Artikel der Serie.</a></p><p>Foto: privat</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/164789462020-05-22T13:48:39+02:00Stadtklima: Wie lassen sich Plätze zum Wohlfühlen finden?<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/16478914/2018-12-13-abendblatt-jana-hcu-733x414-c8fb2d71a0734415c8f22ca7dd2ea09d0aea458f.jpg" />Neues Pflaster, frische Sitzbänke, ein paar Bäume – doch der große Platz bleibt auch bei Sonnenschein meist menschenleer. Ein anderer Platz ganz in der Nähe: Hier sind die Bänke besetzt, die Leute verweilen. Woran liegt das? Es könnte an der tollen Aussicht liegen oder den historischen Fassaden – oder am „thermischen Komfort“. Die so genannte Wohlfühltemperatur spielt eine wichtige Rolle dabei, wie beliebt ein Ort ist.<p>Foto: Bernd Sterzl_pixelio.de</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/119252722020-05-22T13:48:41+02:00Gestresste Straßenbäume: Linden, Eichen oder Ahorne werden künftig früher sterben<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/11951976/stadtbaeume-733x414-feec50c53c1091a5e7105eb9666afbba67960f6b.jpg" /><p>Wer durch Hamburg und Umgebung streift, entdeckt eine von den Eiszeiten geformte Landschaft. Damals schoben Gletscher Geröllmengen vor sich her, die heute die Hügellandschaft im Nordosten der Stadt bilden. Schmelzwasser wusch das Urstromtal der Elbe aus und durch aufgewehte Sandablagerungen entstanden beispielsweise die Boberger Dünen. </p>
<p>Auf diesen eiszeitlichen Materialien und neueren Ablagerungen, die beispielsweise im Gezeiteneinfluss der Elbe entstandenen sind, haben sich rund dreißig verschiedene Bodentypen entwickelt; fast alle, die in Deutschland vorkommen. Ihre Namen haben die wenigsten je gehört: Regosol ist beispielsweise ein flachgründiger, kalkarmer Boden, während ein Podsol sauer und sandig ist und Gley vom Grundwasser geprägt.</p>
<p>Mit meinem Team untersuche ich am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg, wie die verschiedene Böden auf den Klimawandel reagieren und wie sich ihre Funktionen für das Ökosystem und den Menschen ändern. Steigende Temperaturen und längere sommerliche Trockenperioden, wie sie für Norddeutschland prognostiziert worden sind, werden beispielsweise die Böden austrocknen lassen, die Wasser ohnehin schlecht speichern oder leiten. Zu ihnen gehören die sandigen Standorte in der Lüneburger Heide, die – einmal ausgetrocknet – auch für Winderosion anfälliger werden. Häufigere extreme Regenfälle könnten hingegen bei wenig durchlässigen Böden wie im Hamburger Nordosten zu Staunässe führen – und zu einer Erosion durch Wasser.</p>
<p>Diese Veränderungen beeinflussen auch die Vegetation in der Stadt. Besonders betroffen sind die Stadtbäume. Schon heute müssen sie schwierigen Bedingungen trotzen: Einem wärmeren lokalen Klima als im Umland, höheren Schadstoffgehalten und überbauten, verdichteten Böden. Derzeit sind 60 Prozent der Hamburger Stadtfläche als Siedlungs- und Verkehrsfläche genutzt, mehr als ein Drittel ist versiegelt.</p>
<figure style="width: 100px;" class="links"><img src="/11953699/eschenbach-733x414-e92797f42f0bdba4260ce94af4323eafa78db151.jpg" alt="" width="244" height="138" /><figcaption>Annette Eschenbach erforscht, was Bäume in der Stadt zum Leben brauchen. Foto: UHH/CEN/Grün</figcaption></figure>
<p>Mit meinem Team habe ich Bodenproben in der Stadt entnommen und analysiert. An neun von zehn Standorten haben wir vom Menschen eingebrachte Stoffe entdeckt: Meist Sand, der nährstoffarm ist und kaum Wasser speichert, und in beinahe jeder dritten Probe auch Bauschutt, Müll, Schlacken oder Aschen.</p>
<p>In diesen Böden können junge Bäume kaum wurzeln. Deswegen werden Straßenbäume oft in anderthalb Meter tiefe Gruben gepflanzt. Doch diese sind bald zu klein; schließlich benötigt das Wurzelwerk eines Baumes etwa genauso viel Raum wie sein sichtbarer Teil, seine Krone. Kommt zu den ohnehin schwierigen Bedingungen der Klimawandel hinzu, werden Straßenbäume künftig nicht mehr alt. Wir schätzen, dass die heute gepflanzten mit nur 40 bis 50 Jahren eingehen werden.</p>
<p>Für Hamburg wäre das tragisch. Ein gut etablierter Baumbestand kann nicht mehr nachwachsen. Zudem tragen die mächtigen alten Linden, Eichen oder Ahorne zum menschlichen Wohlbefinden bei, indem sie Sauerstoff produzieren, Schatten spenden und ihre Umgebung durch Verdunstung kühlen.</p>
<p>Deswegen erforsche ich, wie wir für Bäume in der Stadt bessere Lebensbedingungen schaffen können. Beispielsweise brauchen wir für die Pflanzgruben geeignete Nährböden, die je nach Bedarf Wasser speichern oder ableiten können. Oder geschultes Personal, das bei Baumaßnahmen am Straßenrand auf den Boden acht gibt. Wir alle sollten lernen, Böden stärker zu schützen und zu schätzen. Sie sind die Lebensgrundlage für alle Pflanzen und viele Tiere – und keine unerschöpfliche Ressource. </p>
<p><em>Dieser Artikel erschien im Juli 2018 als Gastbeitrag im Hamburger Abendblatt.</em></p>
<p><a href="https://www.geo.uni-hamburg.de/bodenkunde/personen/annette-eschenbach.html" target="_blank">Annette Eschenbach</a> ist Professorin für Bodenschutz und Bodentechnologie und Mitglied im Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an der Universität Hamburg.</p>
<p><a href="https://www.clisap.de/de/entdecken/lesestoff/neues-aus-der-klimaforschung/" target="_blank">Zur kompletten Abendblatt-Serie.</a></p><p>Foto: UHH/CEN/T.Wasilewki</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/116795142020-05-22T13:48:26+02:00Hamburger „Agenten“ im Dienst der Klimaforschung<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/11707662/2018-06-13-abendblatt-agent-bob-733x414-6af8600ebcbbdab94a071f1adcfa91f3c9452b6f.jpg" /><p>Meine Agenten tragen keine schwarzen Sonnenbrillen, und nur einige von ihnen fahren Auto. Vor allem Bob: Wenn er irgendwohin muss, nimmt er den Wagen. Alfred radelt dagegen durch die Stadt, solange die Sonne scheint, während Earl den öffentlichen Nahverkehr nutzt.</p>
<p>Tag für Tag fahren Bob, Alfred und Earl zur Arbeit im Stadtteil Hoheluft, bringen ihre Kinder zur Kita oder kaufen ein. Doch sie existieren nicht wirklich. Sie sind „Agenten“, die sich in einem Computermodell durch ein virtuelles Hamburg bewegen. Mit einem solchen Modell untersuche ich in einem Forscherteam, wie typische Lebensumstände und Einstellungen von Agenten etwa die Wahl der Verkehrsmittel beeinflussen. So hat Bob wenig Zeit, Earl wenig Geld, und Alfred ist umweltbewusst. Zusätzlich verändern Faktoren wie das Wetter, Sprit- oder Buspreise ihre Entscheidungen.</p>
<p>Mit Hilfe des Modells können wir auch abschätzen, wie stark die Agenten durch „Umweltstressoren“ beeinträchtigt werden, also durch potentiell gesundheitsschädliche Umweltfaktoren wie Hitze, Lärm, Luftverschmutzung oder die Folgen des Klimawandels. Solche Stressoren wirken in Städten mit einer hohen Dichte von Menschen, Gebäuden oder Verkehr besonders stark: Allein die schlechte Luft verursacht weltweit schätzungsweise zwei Millionen Todesfälle pro Jahr. Weil Gebäude Wärme speichern, führen extreme Hitzewellen — die künftig wahrscheinlich häufiger werden — in vielen Städten zu noch höheren Temperaturen als im Umland.</p>
<p>Weltweit leben bereits mehr als die Hälfte aller Menschen in Städten, mit steigender Tendenz. Für Stadtplaner und Politiker ist es wichtig, diese lebenswert und gesund zu gestalten. Dazu tragen die Erkenntnisse bei, die wir durch Agentenbasiertes Modellieren gewinnen. Am Computer können wir ausprobieren, wie sich lästige Baustellen, steigende Kosten im öffentlichen Nahverkehr oder zusätzliche Radwege auf die Entscheidungen Einzelner auswirken – und was dies für die Gesundheit der Individuen und für die Stadt als Ganzes bedeutet.</p>
<p>Die Methode wurde durch das Aufkommen von Computern möglich. Für meine 1989 abgeschlossene Doktorarbeit habe ich sie erstmals benutzt, um mit einem selbst programmierten Modell die Folgen unterschiedlicher Handlungsoptionen im Ost-West-Konflikt zu simulieren. Zwischen den beiden möglichen Szenarien der Aufrüstung und Abrüstung zeigte mein Modell einen chaotischen Übergang als Folge wachsenden Vertrauens zwischen den Supermächten. Wenige Wochen nach der Simulation endete der Kalte Krieg mit dem Zerfall des Ostblocks. Dass eine Modellanalyse so schnell von der Wirklichkeit überholt werden könnte, kam auch für mich überraschend.</p>
<p>Heute ist Agentenbasierte Modellierung aus der Forschung nicht mehr wegzudenken. Wenn wir verstehen wollen, wie sich eine Gruppe in einer bestimmten Umgebung verhält, liefert die Methode wertvolle Einsichten. Sie eignet sich auch für die Erforschung der Auswirkungen städtischer Umweltstressoren - das hat der Test mit den typisierten Agenten Bob, Alfred und Earl gezeigt. Die bisher gewonnenen Ergebnisse schaffen die Voraussetzung für eine Erweiterung des Modells mit Daten realen Verhaltens. Damit lassen sich beispielsweise die Folgen von Wetterextremen simulieren, um zu prüfen, ob Fluchtwege und Versorgungsrouten in der Stadt im Krisenfall funktionieren. Möglich wäre auch, die Methode auf weitere Ballungsräume zu übertragen – denn Städte müssen sich weltweit an den Klimawandel anpassen.</p>
<p><em>Dieser Artikel erschien im Juni 2018 als Gastbeitrag im Hamburger Abendblatt.</em></p>
<p><a href="https://www.geo.uni-hamburg.de/geographie/mitarbeiterverzeichnis/scheffran.html" target="_blank">Jürgen Scheffran</a> ist Professor für Integrative Geographie und Mitglied des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an der Universität Hamburg. Er leitet die Forschungsgruppe Klimawandel und Sicherheit (CLISEC) und präsentiert gemeinsame Modellergebnisse aus dem URBMOD-Projekt.</p>
<p><a href="https://www.clisap.de/de/entdecken/lesestoff/neues-aus-der-klimaforschung/" target="_blank">Zur kompletten Abendblatt-Serie.</a></p>
<p><strong>Literatur:</strong></p>
<p>Liang Emlyn Yang, Peter Hoffmann, Jürgen Scheffran, Sven Rühe, Jana Fischereit, Ingenuin Gasser (2018) An Agent-Based Modeling Framework for Simulating Human Exposure to Environmental Stresses in Urban Areas. Urban Science 2, 36. <a href="http://www.mdpi.com/2413-8851/2/2/36" target="_blank">Online lesen</a>.</p>
<p>Todd BenDor und Jürgen Scheffran: "Agent-based Modeling of Environmental Conflict and Cooperation" erscheint im September 2018 bei Taylor & Francis.</p><p>Foto: Pexels/Pixabay CCO</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/74263942020-06-11T12:07:41+02:00Wie Gebäude den Wind in der HafenCity verändern<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/7426358/2017-09-26-wettermessung-hcu-lage-733x414-d625a7a0cf8a9f37b3465ccc6ea87d88fa7bdd71.jpg" />Statt windstill ist es für Fußgänger rund um Hochhäuser häufig besonders zugig, denn Gebäude können die Luftströmungen in ihrem direkten Umfeld spürbar verändern. Wie wirkt sich der Bau eines neuen Gebäudes konkret auf Windrichtung und -geschwindigkeit aus? Werden möglicherweise mehr Abgase in bestimmte Bereiche eingeleitet? Wie lassen sich Starkwinde und Stürme im Winter und sogenannter Schwachwind im Sommer in allen Dimensionen erfassen? Dies erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt "Meteorologischer Antrieb und städtische Modifikation". <p>Foto: UHH/Meteorologisches Institut</p>tag:www.cen.uni-hamburg.de,2005:NewsroomArticle/48530512020-11-09T11:44:14+01:00Illegales Wachstum von Megacities jetzt zuverlässig kartieren – neue Methode mit Potenzial<img width="293" height="165" style="float:left" src="https://assets.rrz.uni-hamburg.de/4853343/2016-12-12-pm-mexico-city-6e27c51ed61319671a5bbe3dbb5b6c07f7ada25a.jpg" /><p><strong>Zum ersten Mal wurden Daten aus der Satelliten-Fernerkundung, dem so genannten Remote Sensing, mit sozialen Daten, dem Human Sensing, wissenschaftlich verknüpft – und dadurch die Ergebnisse verbessert. Miguel Rodriguez Lopez vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg veröffentlichte die neue Methode jetzt im Fachjournal Applied Geography.</strong></p>
<p>Dr. Rodriguez Lopez und sein Team untersuchten das illegale Wachstum von Metropolen am Beispiel von Mexico City. Menschen aus dem Umland siedeln sich in hohem Maße an den Rändern der Stadt an. Hier entstehen oft inoffizielle, nicht-genehmigte Wohnviertel, die Slums. Deren Bewohner werden oft abseits offizieller Strukturen von Bandenchefs, Polizei und Lokalpolitikern dirigiert und haben kaum Rechtssicherheit. Fehlende Infrastruktur und Gewaltkonflikte erschweren die Situation. <br /> <br /> Gleichzeitig ist fortschreitende Urbanisierung ein großer Treiber für steigende CO<sub>2</sub>-Emissionen. Doch sind Größe und Ausbreitung von Slumgebieten – ebenso wie andere illegale Landnutzungen – schwer messbar und es gibt hier kaum belastbare Zahlen. Diese sind jedoch Voraussetzung für soziale und städtebauliche Konzepte sowie für Klimaprognosen. Das Team um Rodriguez Lopez verwendet eine neue Methode, um die Hotspots der illegalen Urbanisierung sicher zu identifizieren.</p>
<p><strong>Datenquelle: Satellitendaten und Anzeigen von Bürgern bei der Umweltbehörde</strong></p>
<p>Die Wissenschaftler verknüpften dafür zwei ganz unterschiedliche Datenbanken. Zunächst wurden Satellitenbilder der südlichen Stadtgrenze von 2009 bis 2014 mit Hilfe eines Geoinformationssystems (GIS) ausgewertet. Bis zu einer Auflösung von fünf Metern wurden die Areale entweder als <em>Natur</em> oder als <em>besiedelt</em> eingestuft. Mexico City grenzt im Süden direkt an große Naturschutzgebiete. Findet hier eine neue Besiedelung statt, ist sie in jedem Fall nicht genehmigt.</p>
<p>Zusätzlich zu den Remote-Sensing-Daten aus der Fernerkundung wurden 18.000 Beschwerden von Bürgern ausgewertet, die Umweltverstöße wie zum Beispiel illegales Siedeln in Naturschutzgebieten bei der Umweltbehörde von Mexico City zur Anzeige brachten. Diese Human-Sensing-Daten aus dem Zeitraum von 2002 bis 2013 sind bei der Behörde online einsehbar. Alle Anzeigen sind geo-referenziert, das heißt, sie haben exakte Standort-Koordinaten. Damit gehören sie zur Gruppe der so genannten VGI oder Volunteered Geographic Information.</p>
<p><strong>Neue Nachbarn unerwünscht - besonders hohe Trefferquote in reicheren Vierteln</strong></p>
<p>Aus beiden Datensätzen konnten die Wissenschaftler erstmals detaillierte Karten erstellen, die in Kombination noch exakter werden: Wo die Karten deckungsgleich sind (siehe Grafik unten), befinden sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent nicht-genehmigte Siedlungen. Ein leistungsfähiges Instrument, mit dem sich die Neuentstehung von Slumgebieten sicher bestimmen lässt.</p>
<p>Das Forscherteam fand auch heraus, warum die Human-Sensing-Daten an einigen Stellen besonders exakt waren. Überraschenderweise war nicht nur die Menge der eingegangenen Anzeigen ausschlaggebend für die Zuverlässigkeit der Daten, sondern vielmehr die Arbeitslosenquote in den angrenzenden Stadtgebieten. Entstand ein neuer Slum neben Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit, so wurde er kaum zur Anzeige gebracht. In den potenziell reicheren Vierteln mit hoher Beschäftigung wurden dagegen viele Siedlungsdelikte angezeigt. Die neuen Nachbarn waren weniger erwünscht.</p>
<p>Sogar Prognosen sind mit Hilfe der Human-Sensing-Daten möglich. So weisen die Beschwerden von Bürgern eindeutig darauf hin, wo die Stadt in Zukunft wachsen wird. Solche Informationen sind wertvoll, um präventiv Konzepte zu entwickeln.</p>
<p>Die neue Methode ist auf andere Megacities übertragbar und kann potenziell auch weitere Human-Sensing-Quellen nutzen, wie freiwillige Daten (VGI) aus Google oder Twitter. Experten erwarten beispielsweise in Asien und Afrika große Wanderungsbewegungen in die Städte. Zusätzlich zu sozialen und rechtlichen Problemen, würde dies auch einen deutlichen Anstieg von klimarelevanten Emissionen zur Folge haben. Um hier gegensteuern zu können, müssen Entscheidungsträger die Muster illegalen Städtewachstums genau kennen.</p>
<p><strong>Quelle: <br /> </strong>Rodriguez Lopez J.M., Heider K., Scheffran J. (2017): Frontiers of Urbanization: Identifying and Explaining Urbanization Hot Spots in the South of Mexico City Using Human and Remote Sensing; Applied Geography; <a href="http://dx.doi.org/10.1016/j.apgeog.2016.12.001">http://dx.doi.org/10.1016/j.apgeog.2016.12.001</a></p>
<p><br /><br /><a href="/4864097/2016-12-xx-pm-mexico-graphical-abstract-a9e841b60147f8e2c741f4f3c1a84b5f8c22c75e.jpg" target="_blank"><strong>Grafik </strong>zum Download</a>:</p>
<p><a href="/4864097/2016-12-xx-pm-mexico-graphical-abstract-a9e841b60147f8e2c741f4f3c1a84b5f8c22c75e.jpg" target="_blank"><img src="/4853115/2016-12-xx-pm-mexico-graphical-abstract-565a8b3e6c137156f0a9fd7b4e39c0cb29b389c8.jpg" alt="" width="265" height="198" /></a></p>
<p><strong><a href="/about-cen/documents/graphic-pm-mexico-info.pdf" target="_blank">Infos zur Grafik hier</a></strong></p>
<p><strong><br /><br />Kontakt:<br /> </strong>Dr. Juan Miguel Rodriguez Lopez<br /> CEN, Universität Hamburg<br /> <a class="emil"><span class="n">miguel.rodriguez</span><span class="a">"AT"</span><span class="d">uni-hamburg.de</span></a><br /> 040-42838-8619</p>
<p>Julika Doerffer, Öffentlichkeitsarbeit<br /> CliSAP/CEN Office<br /> Grindelberg 5, 20144 Hamburg<br /> <a class="emil"><span class="n">julika.doerffer</span><span class="a">"AT"</span><span class="d">uni-hamburg.de</span></a><br /> 040-42838-4237</p>
<p> </p><p>Foto: flickr/engborg</p>